Um mit den Kindern eines ersten Jahrgangs auf Piratenreise zu gehen, habe ich den Piraten „Maximilian Rotbart“ und seine Aufgaben erfunden. Dieser ist nicht direkt aufgetreten, sondern hat uns Flaschenposten geschickt. Und natürlich wusste auch ein Kind sofort, dass ich die Flaschenpost selbst geschrieben hat. Hat der Geschichte aber keinen Abbruch getan.

Die Briefe des Piraten „Maximilian Rotbart“ stammen aus einer dreistündigen Einheit zum Thema Ozean und Piraten. Sie kamen in der zweiten und dritten Stunde der Einheit zum Tragen und dienen der Stimmbildung, bzw. des Einsingens. Es handelt sich hier um eine Stimmbildungsgeschichte in etwas abgewandelter Form.

Liebe Kinder,

Ich bin Maximilian Rotbart, der bekannteste Pirat der gesamten Karibik. Alle Kapitäne zittern vor Angst, wenn sie meinen Namen hören, denn ich erobere mit meiner getreuen Mannschaft alles Gold, was sie transportieren. Aber ihr braucht keine Angst zu haben, denn ihr seid meine Freunde. Es sind fremde Piraten in der Gegend und sie suchen das Versteck unserer Schätze. Helft mir, es zu verteidigen und ich schenke euch einen beträchtlichen Teil des Schatzes. Dafür müsst ihr allerdings lernen, was ein Pirat kann. Zuerst einmal lernt ihr das erste Piratenlied. Vielleicht kennt ihr es ja auch schon.

Das Piratenlied ist „Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Leute mit … sein“. In der ersten Strophe müssen es Leute mit Säbeln sein. „Nina und Max, Viktoria und Anna, die haben Säbel, die haben Säbel, Nina und Max, Viktoria und Anna, die haben Säbel, die fahren mit.“ -> In jeder Strophe werden vier weitere Kinder angesprochen. Wer die ganz große Herausforderung will, lässt die Kinder die Übungen frei im Raum ausführen und versucht dabei, sich zu merken, wer schon dran war…

Und wenn ihr jetzt schon Säbel habt, sollten wir auch üben, damit zu kämpfen. Dabei dürft ihr allerdings keinesfalls einen Kameraden treffen, sonst seid ihr sofort aus der Mannschaft ausgeschlossen.

Das Kämpfen mit dem Säbel geschieht im Stehen und auf Abstand. Der angewinkelte Arm wird vom Köerper weggestreckt (wie bei einem Schlag) und von gut hörbarem Luftausstoß begleitet.

Die zweite Strophe lautet: „Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Leute mit Schwimmflügeln sein“. Nachdem diese Strophe gesungen werden, haben die Kinder schon festgestellt, dass ein echter Pirat und eine echte Piratin keine Schwimmflügel tragen. Also muss das Schwimmen erlernt werden. Während die Arme nach vorne gehen, wird ein stimmloses „s“ ausgestoßen, beim nach außen führen tief eingeatmet. Hier bekommt das ganze Übecharakter, denn es geht nicht darum, so schnell wie möglich zu schwimmen, sondern die beste Schwimmtechnik zu erlernen. Wichtig: Einige Kinder werden sich mit dem Bauch auf den Boden legen wollen, um die richtige Haltung einzunehmen.

Ganz wichtig ist auch, dass ihr die Segel setzen könnt. Das geht nur gemeinsam, denn die Segel sind sehr groß und schwer.

Strophe: „Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Leute, die segeln, sein. Hannah und Ester, Matthias, Alexander, die können segeln, die können Segeln. Hannah und Ester, Matthias, Alexander, die können segeln, die fahren mit.“

Gemeinsam wird szenisch an einem Seil gezogen, dabei soll das ganze Körpergewicht mitarbeiten (einige Kinder interpretieren das als auf den Boden fallen lassen, was eigentlich auch richtig ist). Das gemeinsame „Hau ruck“ regelt den motorischen Ablauf. Die Lehrkraft kann die Kinder bei Bedarf darauf aufmerksam machen, dass alle gleichzeitig ziehen sollten.

Und wenn der Wind nicht bläst, dann müsst ihr selber pusten.

Die Kinder probieren verschiedene Windarten aus. Diese Übung war in dieser Gruppe gedacht, um auch den Querflötenansatz und das Blasen noch einmal zu wiederholen, da das Instrument Querflöte in diesen Stunden thematisiert wurde.

Lehrkraft fragt die Kinder, was Piraten denn wirklich machen, wenn es keinen Wind gibt. Natürlich rudern sie.

„Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Leute mit Rudern sein“. Die Ruderbewegung macht ein platschen, wenn sie nach unten geht, dieses klingt als stimmloses und energiereiches „ksch“. Auch hier muss die Gruppe natürlich im Einklang rudern, evtl. kann dies von der Lehrkraft mit einer Handtrommel rhythmisch begleitet werden.

Nun könnt ihr alles, was ein Pirat können muss. Nehmt euch die Flasche, die ich euch gesandt habe und erfüllt nun eure Aufgabe.

Jedes Kind hat eine feste PET-Flasche erhalten, auf der wir auch das Blasen geübt und Musik gemacht haben im Verlauf der Stunde. Die Aufgabe des Kapitän Maximilian Rotbart ist es, die fremden Piraten zu verwirren, indem jedes Kind eine eigene Schatzkarte malt und das Kreuz an der falschen Stelle setzt, damit die Piraten woanders hinfahren und den Schatz des Maximilian Rotbarts nicht finden.

Ihr werdet bald wieder von mir hören.

Euer Kapitän

Maximilian Rotbart.

Mein Tipp: Ich habe auf den Brief kleine Symbole für die Inhalte der einzelnen Strophen gemacht. Denn im Text des Briefes stehen nicht alle drin, und ich tu mich da leichter mit Bildern, als wenn ich die auswendig in die Reihenfolge bringen sollte.

Nachdem wir in der ersten Stunde also die fremden Piraten verwirrt hatten, gab es in der zweiten Stunde noch einen Brief. Diesmal enthielt er auch eine Schatzkarte.

Liebe Kinder,

ich bin euch zu größtem Dank verpflichtet, denn unsere Verwirrungsaktion ist gelungen. Die fremden Schiffe haben eure Flaschenposten gefunden und sind einen Weg nach dem anderen abgefahren. Doch der Schatz bleibt verborgen. Damit ich euch nun euren Teil auszahlen kann, müsst ihr euch auf den Weg zu meiner Schatzinsel machen. Die Reise wird beschwerlich, denn der Schatz ist gut beschützt, aber ich denke, ihr werdet es schaffen. Und außerdem bin ich mir sicher, dass euch die Insel gefallen wird, denn hier gibt es viel zu sehen und selbstverständlich seid ihr meine Gäste. Ich sende euch eine Karte des Weges, den ihr fahren müsst. Auch die Gefahren habe ich euch eingetragen, gebt gut Acht.

Euer Kapitän

Maximilian Rotbart.

Auf der Karte haben wir dann den Weg von oben links nach rechts zur Schatztruhe verfolgt (gestrichelte Linie):

Auf dem Übungsplatz der Piraten haben wir das fechten mit dem Säbel wiederholt (siehe oben) und das Schießen mit Pfeil und Bogen erlernt (stimmhaftes „sssssssst“ als Glissando). Dann sind wir, weil uns das Handelsschiff mit den blauen Segeln nicht sehen sollte, durch den Geheimgang geklettert (klein machen, Tropfenklänge erfüllen die Höhle), rausgerudert (siehe oben), und schnell an den Haien vorbeigerudert (gemeinsamen Ruderpuls finden, evtl. mit accelerando).  Auf der Wegstrecke danach haben wir ein neues Piratenlied kennengelernt, mit dem wir Maximilian Rotbart in den Bergen rufen können. Vom Ankerplatz aus mussten wir dann schwimmen (siehe oben). Die Palme, um die der Weg rum geht, haben wir gefällt (selbstverständlich wie echte Piratinnen mit dem Säbel) und mitgenommen, damit wir sie über die Schlucht legen können (über imaginierte Linie balancieren). In den Bergen konnten wir nun über das Singen des Piratenliedes uns bemerkbar machen und wurden von Maximilian Rotbart gefunden.

Die Geschichte hat den Kindern Spaß gemacht, und für viele war Maximilian Rotbart erstaunlich echt. Daher war die Ernsthaftigkeit beim Ausführen der Aufgaben bei einigen auch höher, denn die kamen ja nicht von mir, sondern von einem echten Piraten. Es war das erste Mal, dass ich so eine Geschichte über zwei Stunden verfolgt habe, quasi mit dem Vorlesen des Briefes und der Stimmbildung als zweites Anfangsritual nach dem Begrüßungslied und muss sagen, dass mir das sehr gefallen hat. In den Stunden ging die Geschichte nicht konsequent weiter, sondern die Stunde nach der ersten Flaschenpost ging um das Spielen der Querflöte und die zweite um Instrumentalimprovisation, wobei die Instrumente unser „Schatz“ waren, den wir fanden. Trotzdem war sie sehr präsent und wurde von den Kindern auch selbst weitergedacht.

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