Rhythmus unterrichten
Was ist Rhythmus und wie unterrichten wir es am besten? Daran arbeite ich jetzt, auch im Zusammenhang von meiner Arbeit „Legasthenie im Instrumentalunterricht“ schon länger.
Rhythmus bedeutet für viele:
Das ist schade, denn eigentlich kommt das Wort Rhythmus wahrscheinlich von rheĩn – fließen1:
Zwei Seiten des Flusses
Oft haben Schüler Schwierigkeiten mit Rhythmen. Und oft reagieren Lehrer mit zählen, vorrechnen, laut mitklatschen. Aber das ist nur die eine Seite des Rhythmus. Die, die einzelne Schallereignisse voneinander abtrennt. Nicht die, die die Schallereignisse in einen Fluss bringt. Schön wäre es doch, wenn alle Schüler beide Seiten des Rhythmus im Unterricht kennenlernen könnten.
Rhythmus hängt für viele Musikpädagogen sehr eng mit Bewegung zusammen. Das mag daran liegen, dass Rhythmus oft im Körper empfunden wird. Jeder kennt das automatische mitwippen des Fußes, das mit einatmen bei Bläsern oder Schauspielern, wenn man im Publikum sitzt. Seltener wird in unserer Kultur getanzt, aber auch hier spielt Rhythmus mit dem Körper die zentrale Rolle.
Wie bringen wir Schüler/innen, die in der Schule noch nicht gelernt haben, mit Brüchen zu rechnen, Rhythmen bei? Wie nutzen wir den natürlichen Bewegungsdrang zum Rhythmuslernen? Wie erarbeiten wir Synkopen und schwere Rhythmen, die zum Beispiel in Popsongs vorkommen? Muss man wirklich alles, was man spielen soll, auch lesen können? Wie vermitteln wir, was ein Takt ist – mathematisch oder durch Fühlen der Schwerpunkte?
Meine drei Tipps für das Rhythmuslernen
1. Wähle die passende Art der Ausführung
Ob Schüler/innen den Rhythmus lieber sprechen, klatschen oder klopfen unterscheidet sich. Dafür sind zum einen das Instrument, aber auch die individuellen Vorlieben des Menschen mitbestimmend. Für manche Schüler/innen bedeutet das Sprechen vor anderen eine große Überwindung, weshalb sie lieber klatschen oder klopfen. Beim Klatschen wiederum können motorische Probleme zu Ungenauigkeiten führen, obwohl der Rhythmus richtig begriffen wurde. Oft beherrschen Schüler/innen auch die Umsetzund am besten, die ihrem Instrument am nächsten kommt (z.B. Sprechen bei Bläser/innen, klopfen bei Pianist/innen). Auch das Spielen eines Rhythmus auf dem eigenen Instrument bietet sich an.
Entwicklungspsychologisch bedingt fallen Kindern synchrone Auf- und Abbewegungen wie das Patschen auf den Beinen leichter, als beispielsweise das Zusammenführen der Hände beim Klatschen. Dies ist insbesondere bei jungen Schulkindern noch von Relevanz.
2. Es gibt verschiedene Arten der Rhythmuswahrnehmung
Je nach Alter, Übung, Entwicklungsstand und Vorlieben nehmen Menschen Rhythmen unterschiedlich wahr. Zunächst sind Rhythmen für Kinder fest mit einer bestimmten Melodie oder einem bestimmten Text verbunden. Erst ab etwa elf Jahren können Kinder sicher den Takt mitzählen, auch Brücjhe begreifen und rechnen wird in diesem Alter gelernt.
Schwierigkeiten können sich insbesondere beim Klatschen oder Klopfen von kurzen Noten mit darauf folgender Pause ergeben. Diese klingen genau wie eine geklatschte lange Note.
Auch begreifen nicht alle Menschen (und insbesondere jüngere Kinder noch nicht) den Rhythmus metrisch, das heißt, an einen Puls gebunden. Kindergartenkinder versuchen in der Regel die Anzahl der Klänge zu zählen, wenn man sie nach dem Rhythmus fragt. So gruppieren sie die Noten dann auch in anderer Art. Diese Vorgehensweise ist aber auch typisch für musikalisch nicht geübte Erwachsene. Das metrische Denken ist eine Spezialität von längerjährigen Musikschüler/innen und professionellen Musiker/innen. Mit allen anderen muss der Weg, Rhythmus zu erklären und wahrzunehmen neu gedacht werden.
3. Lebendiges Musizieren
Auch wenn Rhythmus oft mathematisch wirken mag und auch so erklärbar ist, so hat er doch auch eine lebendige Komponente, die wir beispielsweise aus der afrikanischen Musik oder unter dem Begriff „Groove“ kennen. Diese sollte beim Rhythmus üben nicht aus dem Blick geraten.
Das Gehirn erfasst Rhythmen (ebenso wie Melodien) nicht als einzelne Noten, sondern als Pattern. Die Rhythmuspattern, die wir bereits oft aufgenommen haben, kann das Hirn leichter verarbeiten. Lebendiges Musizieren heißt auch, Rhythmen zu musizieren, die schön klingen, die Spaß machen und einen gesunden Anteil an „einfachen“ Pattern haben.
Oberkapitel: Pädagogik/Musikpädagogik
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1 https://www.duden.de/rechtschreibung/Rhythmus [30.09.2018]